Nachhaltig + Gesund + Lecker = Vollwertig
Was ist vollwertige Ernährung?
Leckeres Essen genießen, sich damit gesund ernähren und dabei gleichzeitig etwas für den Klimaschutz tun – diesem Anspruch stellt sich die Vollwerternährung. Als Vollwerternährung wird das Ernährungskonzept bezeichnet, in dessen Zentrum die Nachhaltigkeit steht und die eine hohe Qualität der Nahrungsmittel sowie eine bessere Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsverträglichkeit fordert. Einer der Kernpunkte der Vollwerternährung lautet: Bevorzugung von pflanzlichen Lebensmitteln.
Dahinter steckt der Ansatz, Pflanzen direkt als Nahrung zu nutzen, da dies sehr viel effizienter ist, als sie an Tiere zu verfüttern und im Anschluss tierische Lebensmittel zu essen. Wenn wir einen hohen Anteil tierischer Produkte in unserer Kost haben, gehen damit unweigerlich Verluste von Energie und Protein einher. Diese sogenannten Umwandlungsverluste sind die Ursache dafür, dass tierische Lebensmittel im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln wesentlich mehr Ressourcen benötigen.
Flächenbedarf
Weltweit dienen rund ¾ der landwirtschaftlich genutzten Flächen der Erzeugung tierischer Lebensmittel. Ja, ihr habt richtig gelesen: ¾ ! oder anders ausgedrückt: 75%! (Dabei liefern diese weltweit lediglich 18% der Kalorien und 37% des Proteins für die menschliche Ernährung.)
Was diese Zahlen bedeuten, sei am Beispiel von Deutschland dargestellt: Der WWF (World Wide Fund for Nature) beziffert den Flächenbedarf für Agrarprodukte eines deutschen Durchschnittsbürgers pro Jahr auf 2.700 qm. 89% dieser Fläche dienen tatsächlich der Erzeugung von Lebensmitteln, auf der restlichen Fläche wachsen Pflanzen für industrielle Rohstoffe und Bioenergie. Wir haben in Deutschland ca. 17 Mio Hektar Acker- und Grünland, damit steht jedem Einwohner eine Fläche von etwa 2.000 qm zu. Das heißt im Klartext, dass wir für unsere Ernährung (400 qm) sowie für weitere Agrarprodukte (300 qm) mehr Flächen verbrauchen als wir in Deutschland haben.
Diese zusätzlichen Flächen (über 5,5 Mio Hektar!) liegen also im Ausland. Im Fachjargon spricht man vom “virtuellen Landhandel”. Auf den meisten virtuell importierten Flächen (rund 2,6 Mio Hektar) wächst Soja. In den letzten Jahrzehnten hat der Handel mit Soja zu drastisch expandierenden Anbauflächen vor allem in Südamerika geführt. Dort zerstört die Agrarindustrie großflächig Ökosysteme wie den Amazonas-Regenwald oder die Cerrado-Region.
Knapp 80% der weltweiten Sojaernte werden in Form von Sojamehl als Tierfutter, insbesondere für die Schweine- und Geflügelmast, verwendet. Das heißt, nur ca. 20% dienen der menschlichen Ernährung – in Form von Sojaöl, als Bestandteil von Margarine oder Backwaren, Tofu oder Sojadrink. Ich fasse an dieser Stelle nochmals zusammen:
Wir in Deutschland benötigen / verbrauchen für unsere Ernährung ca. 700 qm Ackerfläche pro Person und Jahr mehr als wir zur Verfügung haben. Diese Flächen liegen im Ausland, größtenteils in Südamerika. Dort werden Ökosysteme zerstört, um u.a. immer mehr Soja anzubauen, was dann zu 80% wieder an Tiere verfüttert wird.
Ernährung und Treibhausgase
Mit der Treibhausgasentwicklung im Zusammenhang mit unserer Ernährung sieht es nicht viel besser aus: Treibhausgase von etwa 2 Tonnen CO2-Äquivalenten werden pro Kopf und Jahr durch unsere Ernährung freigesetzt. Davon gehen etwa 69% auf das Konto tierischer Lebensmittel. Hinzu kommen noch indirekte Emissionen (z. B. Entwaldung) von ca. 0,5 Tonnen pro Kopf und Jahr. Langfristig dürfte aber jeder Erdbewohner mit ALLEM, was er tut, lediglich 2 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr emittieren, um das Klima stabil zu halten. In Deutschland liegen wir mit unserer Ernährung bereits deutlich darüber.
Ernährung und Nachhaltigkeit
Um alle Menschen dieser Erde bis zum Jahr 2050 nachhaltig und gesund zu ernähren, ist eine grundlegende Veränderung unserer Ernährungsweise nötig. Das zeigt ein im Januar 2019 veröffentlichter Bericht der EAT-Lancet-Kommission. (siehe Quelle 2)
Der Kommission gehörten 37 Wissenschaftler aus 16 Ländern an, darunter Klimaforscher und Ernährungswissenschaftler. Das Ziel der Forscher war es, eine wissenschaftliche Grundlage für einen Wandel des globalen Ernährungssystems zu schaffen. Herausgekommen ist die „Planetary Health Diet“ – ein Speiseplan, der die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen schützen soll.
Empfohlen werden demnach 3 Portionen Vollkorngetreide, 5 Portionen Gemüse und Obst, 1-2 Portionen Hülsenfrüchte und Nüsse pro Tag sowie ungesättigte Pflanzenfette. Außerdem 1-2 Portionen Milchprodukte pro Tag sowie wöchentlich je 1-2 Portionen Ei, Fisch und Geflügel plus eine kleine Portion rotes Fleisch. Damit entsprechen die Empfehlungen der Planetary Health Diet im Wesentlichen der Vollwerternährung.
Wenn wir also unsere Ernährung dahingehend verändern, dass wir mit wesentlich weniger tierischen Produkten auskommen, haben wir den größten Effekt hinsichtlich Nachhaltigkeit.
Quellen
1) UGBforum, Fachzeitschrift für Gesundheitsförderung, 38. Jahrg., Heft 02/21, S. 70 ff.
2) Bundeszentrum für Ernährung, Planetary-Health-Diet